Verträge einer Berufsunfähigkeitsversicherung sind meist kompliziert und schwer zu durchschauen. In diesem Beitrag möchte ich einen groben Überblick geben und eine der wichtigsten Fragen klären: Wann macht eine Berufsunfähigkeitsversicherung für Freiberufler überhaupt Sinn?
Welchen Schutz bietet eine Berufsunfähigkeitsversicherung?
Die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt dir als Freiberufler eine Art Rente, falls du aufgrund einer starken Erkrankung in absehbarer Zeit nicht mehr in deinem ausgeübten Beruf arbeiten kannst.
Welche Sicherheiten habe ich, wenn ich keine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließe?
In der Regel bist du als Freiberufler im Rahmen deiner Krankenversicherung zunächst mit dem sogenannten Krankentagegeld abgesichert. Dieses Krankentagegeld erhältst du standardmäßig ab dem 42. Tag der Krankheit (Karenzzeit). Ab diesem Tag zahlen Krankenkassen innerhalb von drei Jahren insgesamt 26 bis 78 Wochen Krankentagegeld aus.
Falls du als Freiberufler in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlst, steht dir bei totaler Erwerbsunfähigkeit eine Erwerbsminderungsrente der deutschen Rentenversicherung zu. Diese reicht aber nur selten, um den gewohnten Lebensstandard aufrechtzuerhalten.
Wann zahlt eine Berufsunfähigkeitsversicherung nicht?
Berufsunfähigkeit ist ein sehr dehnbarer Begriff. Im Schadensfall prüft die Versicherung sehr genau und mehrfach, ob du wirklich berufsunfähig bist. Gegebenenfalls kann hier ein Streit mit der Versicherung entstehen, wenn beide Parteien unterschiedlicher Meinung sind und die Versicherung nicht zahlen möchte.
Was kostet eine Berufsunfähigkeitsversicherung für Freiberufler?
Um eine adäquate Versicherungsleistung im Schadensfall zu erhalten, sind Versicherungsprämien von deutlich mehr als 1.000 € pro Jahr eher die Regel als die Ausnahme. Maßgeblich wird die Höhe deiner Beiträge auch vom Eintrittsalter und der Risikoklasse bestimmt. Anwälte, Steuerberater oder Ärzte werden im Vergleich zu freischaffenden Künstlern mit einem deutlich geringeren Risiko bewertet. Grund ist die statistisch häufiger auftretende Berufsunfähigkeit bei freischaffenden Künstlern aufgrund psychischer Erkrankungen. (Quelle: 1a Verbraucherportal)
Hinweis: Falls vor Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung eine Psychotherapie in Anspruch genommen wurde, ist es kaum möglich, versichert zu werden. (siehe: Artikel Mitteldeutsche Zeitung vom 24.09.2015)
Lohnt sich eine Berufsunfähigkeitsversicherung für Freiberufler in Kammerberufen?
Einige Berufsgruppen unter den Freiberuflern gehören einem Versorgungswerk an. Gemeint sind die sogenannten Kammerberufe. Dazu zählen beispielsweise Ärzte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte oder Notare. Diese Berufsgruppen sind bei einer Kammer pflichtversichert und haben automatisch Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente.
Diese Rente wird aber meist nur gezahlt, wenn der Beruf unter keinen Umständen ausgeübt werden kann, also eine vollständige Erwerbsminderung vorliegt. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung kann je nach Vertragswerk auch schon greifen, wenn die Erwerbsminderung unter 100 Prozent liegt. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung könnte in diesem Fall sinnvoll sein.
Was ist eine Dread-Disease-Versicherung?
Hierbei handelt es sich um eine spezielle Form der Berufsunfähigkeitsversicherung. Bei Eintritt einer schweren Krankheit wie z.B. ein Schlaganfall oder Krebs erhältst du in dieser Versicherungsform eine vereinbarte Einmalzahlungen. Der Vorteil: Die Zahlung ist unabhängig davon, ob du trotz dieser Krankheit wieder ganz oder teilweise arbeiten kannst. Diese Form der Versicherung kann unter Umständen sinnvoller sein als eine klassische Berufsunfähigkeitsversicherung. Allerdings zahlt diese Versicherung nur dann, wenn exakt die im Vertrag definierte Erkrankung eintritt.
Fazit
Ich nutze keine Berufsunfähigkeitsversicherung. Mir ist das Risiko zu hoch, dass sich die Versicherung bei Eintritt der Berufsunfähigkeit dann doch um die Zahlungen drückt, weil der Begriff „Berufsunfähigkeit“ sehr viel Interpretationsraum lässt. Im Falle einer schweren Erkrankung die zu einer Erwerbsminderung führt fehlt einem in der Regel auch die Kraft sich juristisch mit der Versicherung auseinanderzusetzen, um die ersehnten Zahlungen zu erhalten. Mir persönlich fehlt hier einfach das notwendige Vertrauen in diese Art von Versicherung. (Siehe: Die Nein Sager: Die Macht der Versicherungskonzerne)
Trotzdem finde ich es wichtig als Freiberufler im Falle einer Berufsunfähigkeit abgesichert zu sein. Zunächst bieten die Sozialversicherungen zumindest eine Grundsicherung. Bei der Krankenversicherung gibt es ein Krankentagegeld, bei der gesetzlichen Rentenversicherung gibt es eine Erwerbsminderungsrente. Weil der Betrag der Erwerbsminderungsrente kaum das Existenzminimum abdeckt, sorge ich zusätzlich privat vor.
- Die für die Berufsunfähigkeitsversicherung eingesparten Monatsbeiträge investiere ich in einen Wertpapiersparplan. Nach einigen Jahren kommt da eine ganz schöne Summe zusammen.
- Außerdem habe ich mit Einnahmen aus Lizenzgebühren für eine Einkommensquelle gesorgt, die mir auch bei einer vollständigen Erwerbsminderung weiterhin Einnahmen generiert.
Als Freiberufler können wir also aus eigener Kraft schon eine ganze Menge tun, um im Falle einer Berufsunfähigkeit abgesichert zu sein. Ich habe das eingesparte Geld privat angelegt und mein Geschäftsmodell so angepasst, dass es auch im Falle einer vollständigen Berufsunfähigkeit Einkommen generiert. Das ist aber nur meine Perspektive. Je nach persönlicher Situation kann es trotzdem sinnvoll sein, eine Berufsunfähigkeitsversicherung für Freiberufler abzuschließen. Was meinst du?