Endlich hatte ich es geschafft. Unzählige Stunden hatte ich in Vorlesungen verbracht. Sogar nächtliche Arbeitsstunden legte ich ein, um meine Prüfungsaufgaben rechtzeitig einreichen zu können. Endlich hielt ich mein Abschlusszeugnis als Grafikdesigner in den Händen. Ab diesem Zeitpunkt stand ich dem Arbeitsmarkt mit meinem ganzen Fachwissen zur Verfügung. In eine Agentur wollte ich nie. Stattdessen bündelte ich all meine Energie, um eine erfolgreiche freiberufliche Tätigkeit aufzubauen. Die Hochschule hatte mich gut auf die fachlichen Herausforderungen meines bevorstehenden Berufslebens vorbereitet. Nützliche Kenntnisse für den Aufbau einer erfolgreichen freiberuflichen Tätigkeit waren allerdings Fehlanzeige. Weil entsprechende Fächer fehlten, musste ich mir das Wissen rund um die freiberufliche Tätigkeit selbst aneignen. Das war am Anfang ziemlich hart.
Überleben im Haifischbecken
Nun stand ich da. Ein Zeugnis mit Bestnoten, aber keine Aufträge. Ich wusste nichts über Finanzen, Vertrieb, Geschäftsmodelle oder Bereiche der Selbstständigkeit. Weil gerade in den kreativen Berufen ein reger Wettbewerb herrscht, ist es in dieser Branche besonders schwierig, als Neuling Fuß zu fassen. Ein Grund liegt in den relativ niedrigen Hürden, um als Kreativer seine Leistungen am Markt anbieten zu dürfen. Ein Logodesign erfordert weder teure Maschinen noch die Zulassung einer Berufskammer. Ich habe relativ früh gelernt, dass eine gute Marktpositionierung, ein starkes Alleinstellungsmerkmal und ein markantes Profil für den eigenen Erfolg von zentraler Bedeutung sind.
Irrwege bei der Suche meiner Marktposition
Es hat einige Zeit gedauert, bis ich als junger Gründer die Macht der Positionierung und Alleinstellungsmerkmale erkannte. In der Startphase meiner freiberuflichen Tätigkeit schaute ich stets auf die anderen. Welche Dienstleistungen bieten sie an? Wie werden die Dienstleistungen angeboten? Ich schaute Vermarktungsideen ab, die mir gut gefielen und bot Dienstleistungen an, die andere auch hatten. Rückblickend war dies ein großer Fehler. Ich verlor den Fokus und hatte ein viel zu breites Dienstleistungsangebot. Im Laufe der Zeit sammelten sich somit auch Dienstleistungen an, die nicht wirklich kompatibel mit meinen eigenen Stärken waren. Es war höchste Zeit, mein Dienstleistungsangebot, meine Stärken und mein Profil zu überarbeiten.
Marktpositionierung braucht Zeit
Eine wichtige Erkenntnis war, dass ich die eigene Positionierung nicht in einer Woche finden konnte. Das passiert nicht einfach so beim Schreiben eines Businessplans. Es ist ein langer Prozess, der ständig analysiert und optimiert werden muss. Es lohnt sich, viel Zeit in die Suche der eigenen Positionierung zu investieren und stets an den Alleinstellungsmerkmalen zu feilen.
Mögliche Alleinstellungsmerkmale
Im Folgenden möchte ich dir als Inspirationsquelle eine kleine Liste mit möglichen Alleinstellungsmerkmalen vorstellen, die ich mir vor einiger Zeit erstellt habe:
- Das Alter und die Erfahrung: Bietest du als Berufseinsteiger neue und freche Ideen, oder blickst du auf eine langjährige Berufserfahrung mit vielen professionellen Referenzen zurück?
- Das Angebot: Bietest du deiner Zielgruppe eine interessante Kombination verschiedener Dienstleistungen, die nur wenige deiner Wettbewerber bieten können?
- Ausbildung: Hast du einen Abschluss an einer anerkannten Hochschule vorzuweisen, oder bei einem namhaften Mentor ein Praktikum / eine Ausbildung absolviert?
- Netzwerk: Verfügst du über Beziehungen in deinem Freundes-, oder Bekanntenkreis, die dir einen deutlichen Wettbewerbsvorteil verschaffen können?
- Vita: Hast du eine Story, mit der du durch eindringliche Erlebnisse ganz besonders für die Aufgabe qualifiziert bist? Beispiel: Du möchtest ein Projekt für eine Hilfsorganisation betreuen und warst in deiner Vergangenheit schon selbst als Helfer in dem entsprechenden Krisengebiet.
- Preis: Bist du besonders exklusiv und teuer, oder kannst du durch geringere Kosten oder ein ausgeklügeltes Geschäftsmodell die Preise deiner Konkurrenten deutlich unterbieten und trotzdem profitabel sein?
- Kooperation: Kannst du durch clevere Kooperationen deinem Kunden ein besseres Leistungsportfolio bieten als deine Mitbewerber?
- Innovation: Bietest du etwas ganz Neues, was außer dir nur wenige (oder keine) Mitbewerber bieten können?
- Geschäftsmodell / Methode: Bietest du deinem Kunden optimierte Methoden, Prozesse, Geschäftsmodelle an, mit denen er Zeit und Geld sparen kann?
- Ansprache der Zielgruppe: Bist du dafür bekannt, dass du eine spezielle Zielgruppe besonders gut verstehst und ansprechen kannst, weil du dich selbst mit der Zielgruppe gut identifizieren kannst?
Fokussiert bleiben
Eine solche Liste lädt dazu ein, alle Komponenten gleichzeitig zu optimieren. Jeder möchte innovativ sein, ein ausgeklügeltes Geschäftsmodell besitzen oder eine erstklassige Vita vorweisen. Persönlich fand ich es sehr viel zielführender, nur wenige Alleinstellungsmerkmale (dafür aber deutlich) herauszuarbeiten. Zu viele Alleinstellungsmerkmale können die Kommunikation mit der Zielgruppe deutlich erschweren. Ganz nach dem Motto: „Wenn alles gleich gültig ist, ist alles gleichgültig“.
Fazit
Als frisch gebackener Freiberufler hatte ich zu Beginn große Probleme, die für mich passende Positionierung zu finden. Auch heute arbeite ich noch an meiner Positionierung als Freiberufler. Es ist wohl ein nie endender Prozess. In einigen meiner Projekte konnte ich bereits eine sehr gute Positionierung am Markt erzielen. Beispielsweise mit meinem Icon-Store, in dem ich als größter deutscher Anbieter tausende von Icons anbiete und verkaufe. Das Alleinstellungsmerkmal „größter deutscher Anbieter“ beflügelt den Erfolg erheblich. Vielleicht gelingt mir eine ähnliche Positionierung auch irgendwann mit diesem Blog. Bei deiner Suche nach der richtigen Positionierung drücke ich dir jedenfalls fest die Daumen. Ich hoffe, dieser Beitrag hilft dir dabei.