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Die 10 schlimmsten Fehler als Freiberufler

In diesem Beitrag möchte ich meine persönliche Liste der gravierendsten Fehler, die man als Freiberufler vermeiden sollte, mit dir teilen.

1. Der Kunde übernimmt deinen Kompetenzbereich

Du bist Spezialist in deinem Fachgebiet, und das weißt du. Dann zeige das auch deinem Auftraggeber! Nicht selten werden schöne und funktionierende Konzepte verunstaltet, weil Kunden irgendwo eine hübsche Idee gefunden haben, die irgendwie integriert werden muss.

Die Schuld liegt aber nicht immer nur beim Kunden. Zu oft lassen wir uns und unser Konzept verbiegen. Das passiert nicht immer nur, weil der Kunde König ist und durch die Finanzierung das Sagen hat. Oft sind auch die Grundkonzepte aus Mangel an Zeit, Budget oder Erfahrung nicht ausreichend ausgearbeitet. Stichhaltige Argumente, warum die Idee des Kunden keinen Platz hat, können wir dann meistens nicht direkt liefern. Das ist oft die Ursache, warum viele Freiberufler essentielle Teile ihres Kompetenzbereichs verlieren.

Arbeite dein Konzept so aus, dass du ohne Umschweife verständliche Argumente liefern kannst, warum die Idee deines Kunden in der Umsetzung deplatziert wirkt. Es geht nicht darum, jeden Kundenwunsch prinzipiell abzulehnen, nur um die eigene Kompetenz besser darzustellen. Manchmal liefern Kundenwünsche neue und interessante Perspektiven, die den Nutzen deiner Arbeit zum Positiven verändern. Wenn das aber nicht der Fall ist, solltest du dich und dein Konzept nicht zu sehr verbiegen. Dein Kunde hat dich ja schließlich gerade wegen deiner Kompetenz beauftragt.

2. Tabuisierung des Budgets zu Projektbeginn

Fast jeder kennt seine finanziellen Möglichkeiten und Spielräume. Auch dein potenzieller Kunde. 

Deinem Kunden und dir kannst du viel Zeit und Ärger sparen, indem du am besten direkt im Erstgespräch nach dem geplanten Budget fragst. Es ist ein wichtiger oder sogar wesentlicher Faktor bei der Projektumsetzung. Was theoretisch gut klingt, lässt sich praktisch oft schwer umsetzen. Versetze dich dazu einmal kurz in die Lage deines Gegenübers.

Du würdest vielleicht auch zögern, das ganze Budget zu nennen, um den Preis nicht unnötig in die Höhe zu treiben. Es ist ja möglich, dass das Angebot viel günstiger ausfallen könnte. Nimm deinem Kunden genau diese Angst! Schlage ihm ausgehend von seinem genannten Budget zusätzlich ein oder zwei günstigere Optionen vor. Vielleicht kann der Kunde auch auf einige Komponenten verzichten, um seine Ziele zu erreichen.

Lehne den Auftrag ab, wenn bei dem Budget die Vorstellungen viel zu weit auseinandergehen. Damit kannst du dir und deinem Kunden viel Zeit und Ärger ersparen. Besonders bitter ist es, wenn erst während des Projekts klar wird, dass zwischen den Budgetvorstellungen Welten liegen.

Wichtig: Kalkuliere realistisch und fair. Ein freiberufliches Business läuft nach meiner Erfahrung am besten mit treuen Stammkunden. Dazu ist Vertrauen die wichtigste Grundlage.

3. Undefinierte Preispolitik

Hast du dir schonmal überlegt, warum es keine Parfums oder Kleidung von Premium-Marken beim Discounter gibt? Premium-Marken haben viele gute Verkaufsargumente. Der Verkaufspreis gehört jedoch oft nicht dazu.

Würde das Premium-Produkt auch günstiger beim Discounter angeboten werden, könnte das Unternehmen sicherlich mehr Produkte verkaufen. Langfristig wird jedoch die Preispolitik schwammig und die höheren Margen schmelzen dahin. Das Unternehmen verliert an Profitabilität. Nimm dir ein Beispiel an den Premium-Marken: Suche eher nach Argumenten, die für dich und deine Leistung sprechen, statt dich über einen möglichst günstigen Preis zu definieren. Kunden, die um jeden Cent feilschen, solltest du gnadenlos an deine Mitbewerber verweisen.

4. Ausufernde Fixkosten

Die Idylle großer Unternehmen ist auf den ersten Blick perfekt: Büroräume in einem Loft, der neueste Computer auf dem Schreibtisch, und zum Kunden fährt man natürlich mit einem schicken Firmenwagen. Die Anschaffung von Statussymbolen zur Demonstration des eigenen Erfolgs ist alles andere als erfolgversprechend. Die Fixkosten schießen dann in die Höhe, während der Kapitalfluss (Cashflow) dahinschwindet. Verwende das Geld besser zur Bildung von Rücklagen und zum Ausbau deines Vertriebs, statt deine finanziellen Mittel in Miet- und Leasingverträgen zu vernichten! Hinterfrage jede Anschaffung kritisch:

Brauchst du wirklich einen neuen Computer mit der besten Performance, um Websites oder Broschüren zu gestalten? Brauchst du wirklich ein Büro mit Seminarraum, obwohl die meisten Meetings bei deinem Kunden vor Ort stattfinden?

Was du nicht ausgibst, musst du nicht einnehmen. Diese Einstellung verschafft dir die Freiheit, schlecht bezahlte Aufträge guten Gewissens abzulehnen und gibt dir zudem zeitliche Ressourcen für andere Projekte.

5. Zu wenige Einnahmequellen

Ein treuer und solventer Kunde ist gerade am Anfang der freiberuflichen Laufbahn mit das Schönste, was es gibt. Er sorgt für konstante Einnahmen und gibt dir das Gefühl von Sicherheit. Ruhe dich nicht auf dieser trügerischen Sicherheit aus! Lass es nicht zu, dass ein Kunde alleine den Großteil deiner Einnahmen generiert. Fällt nämlich genau dieser Kunde weg, steht es schlecht um dein Business. Den Grund hierfür musst du nicht zwangsläufig bei dir suchen. Vielleicht ändern sich die innerbetrieblichen Verhältnisse bei dem Unternehmen, mit dem du zusammenarbeitest. Vielleicht wechselt der Ansprechpartner. Dieser wiederum kennt einen alten Schulkameraden, der zufällig auch in deiner Branche tätig ist. Und du verlierst den Job, obwohl du jahrelang treue Dienste geleistet hast. Es ist nicht fair, aber Weinen hilft nicht. Setze alles daran, einen kleinen Kundenstamm aufzubauen und zu halten. Falls ein Kunde wegfällt, sollte nicht gleich dein unternehmerischer Erfolg auf der Kippe stehen.

Übrigens gibt es als Freiberufler auch andere Möglichkeiten, Geld zu verdienen. Hast du schonmal daran gedacht, deine Dateien zu durchforsten? Vielleicht hast du irgendwann mal Templates, Grafiken oder Texte erstellt, die auch für andere Menschen nützlich sein können. Lade dann die Dateien auf Onlinemarktplätzen hoch und mache sie zu Geld! 

Auch deine Überschüsse oder Rücklagen, z. B. für die Steuernachzahlung, kannst du als Freiberufler profitabel anlegen und Einnahmen durch Zinsen generieren.

6. Als Freiberufler alles alleine machen

Wahrscheinlich hast du eine genaue Vorstellung davon, wie dein Business zu laufen hat. Niemand soll dir reinreden, und die Arbeit erledigst du am besten alleine. Dann weißt du auch, dass alles richtig gemacht wurde. Du bist Perfektionist und kannst immer zu 100% hinter deiner Arbeit stehen. Diese Haltung hat aber auch massive Nachteile. Bessere Resultate erzielst du fast immer in einer kooperativen Zusammenarbeit. Jeder Mensch hat ein Gebiet, in dem er besondere Qualifikationen aufweist. Jeder hat Stärken, und jeder hat Schwächen. 

Durch Kooperationen kannst du Schwächen viel besser ausgleichen. Bist du fit in der Gestaltung von Internetseiten, dich graust aber die technische Umsetzung bzw. Programmierung? Dann gebe einen Teil des Auftrags an einen Programmierer weiter. Er kann es besser und schneller! Denke in Kooperation statt in Wettbewerb. Deine Referenzen werden deutlich besser ausfallen, und nebenbei baust du dir ein erstklassiges Netzwerk auf. Auch große Chart-Hits wurden meistens von Bands geschrieben. Jedes Bandmitglied nimmt seine Umwelt anders wahr und bringt neue, inspirierende Einflüsse in die Musik. Auch erfolgreiche Solokünstler arbeiten selten alleine. Sie haben ein kompetentes Team, welches im Hintergrund agiert. Der Künstler konzentriert sich auf seine Stärken. Vertrieb, Produktion und Management übernehmen seine Kooperationspartner, welche eben in diesen Bereichen stark sind. So entsteht ein starkes Team ohne nennenswerte Schwächen mit hervorragenden Resultaten. Zum Thema Kooperation habe ich vor einiger Zeit ein schönes Zitat entdeckt, das wie folgt lautet: »Wer alleine arbeitet, addiert; wer zusammenarbeitet, multipliziert.«


7. Falsche Werbemittel

Häufig sehe ich Freiberufler, die einen völlig falschen Ansatz bei der Wahl ihrer Werbemittel haben. Werbeanzeigen im Internet oder in Fachzeitschriften sind nicht nur relativ teuer, sie sind aus meiner Sicht auch hochgradig ineffizient. Freiberufler sind in der Regel Dienstleister. Sympathie und Persönlichkeit spielen eine wichtige Rolle. Die Chemie zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber muss stimmen. Eine gute Empfehlung bringt dich daher viel näher an einen Neuauftrag als eine teure Anzeige, in der du deine Leistungen einer großen unbekannten Masse präsentierst.

Über 90% meiner Aufträge sind durch Empfehlungen und persönliche Kontakte aus Netzwerken entstanden. Nutze dein Budget also besser für Mitgliedsbeiträge in passenden Vereinen, um ein starkes Netzwerk aufzubauen. Falls du Schwierigkeiten im Bereich Networking hast, kannst du ein Seminar besuchen. 

Es gibt unzählige Angebote. Seminare sind im Übrigen eine exzellente Möglichkeit, um neue interessante Kontakte zu gewinnen.

8. Vernachlässigte Bestandskunden

Die Auftragsakquisition über Neukunden ist ungleich schwerer als die über Bestandskunden. Nach Abschluss des Projekts halten sich die Bemühungen im Bereich Aftersales-Management bei vielen Freiberuflern in Grenzen. Gerade am Anfang möchte man schnell wachsen und stürzt sich auf die Neukunden. 

Die Kaltakquise ist nicht nur zeitraubend, sondern auch teuer. Durch einen guten Aftersales-Service kannst du oft höhere Margen für deine Projekte erzielen, weil die Kosten für die Akquise geringer sind. 

Im Ergebnis bedeutet ein gutes Aftersales-Management eine nachhaltige Steigerung des Kundenwertes und kann langfristig zur Profitabilität deiner freiberuflichen Tätigkeit beitragen.

Hier eine kleine Auswahl an Möglichkeiten, wie du deine Kunden besser an dich binden kannst:

  • Kontaktaufnahme zum Firmenjubiläum oder Geburtstag deines Kunden
  • Der Klassiker: Weihnachtskarten / Weihnachtsgeschenke
  • Monatlicher Newsletter gefüllt mit Themen, die deine Kunden wirklich interessieren
  • Ein paar Monate nach Projektabschluss die Kundenzufriedenheit erfragen

9. Kleine Ziele zerstören große Ziele

Gehörst du zu den Freiberuflern, die mit ihrer Selbstständigkeit große Ziele verfolgen? 

Vielleicht planst du einen bestimmten Umsatz, eine gewisse Anzahl von Mitarbeitern, möchtest dich verstärkt in sozialen Projekten einbringen oder die Welt verbessern. Wohin die Reise auch geht, große Ziele sind nicht in kurzer Zeit erreichbar. Du benötigst Geduld und viel Ausdauer. Im Arbeitsalltag kommen immer wieder neue Projekte und neue, kleine Zielsetzungen. Lass nicht zu, dass diese kleinen Ziele aus dem Arbeits-alltag deine großen Ziele, Träume und Visionen zerstören!

Notiere deine großen Ziele, sodass du diese immer sichtbar hast. Als Post-it am Kleiderschrank, im Skizzenbuch oder vielleicht als Desktop-Wallpaper auf deinem Computer oder Smartphone. Auch stets sichtbare Portraitbilder deiner Vorbilder können motivierend sein. Setze dir feste Termine, an denen du den Fortschritt deiner großen Ziele überprüfst.

SMART-Methode

Eine gute Möglichkeit, Ziele zu definieren und zu messen, bietet die SMART-Methode. Hierzu ein kleiner Exkurs mit Beispielen. Dein gesetztes Ziel sollte all diese folgenden Kriterien erfüllen:

S = Spezifisch: Dein Ziel muss eindeutig definiert sein (keine vagen Aussagen)

Negativbeispiel: Ich will geschäftlich erfolgreich sein.

Besser: Ich möchte meinen Umsatz jährlich um 10-20 % steigern. Daran messe ich meinen geschäftlichen Erfolg.

M = Messbar: Mache dein Ziel messbar

Negativbeispiel: Ich möchte mehr Umsatz erzielen.

Besser: Ich möchte meinen Umsatz um 10 % pro Jahr steigern.

A = Anspruchsvoll: Das Ziel soll dich motivieren.

Negativbeispiel: Es ist okay, wenn ich im nächsten Jahr den gleichen Umsatz erziele.

Besser: Ich möchte meinen Umsatz jährlich um 10 % steigern, um später einen Mitarbeiter einstellen zu können, der mich bei Projekten unterstützt.

R = Realistisch: Plane realistisch

Negativbeispiel: Im nächsten Geschäftsjahr möchte ich meinen Umsatz verzehnfachen.

Besser: Im nächsten Geschäftsjahr plane ich eine Umsatzsteigerung um 10 bis 20 %.

T = Terminiert: Setze dir eine klare Terminvorgabe

Negativbeispiel: In den kommenden Jahren möchte ich meinen Umsatz um 50 % steigern.

Besser: Am Ende des fünften Geschäftsjahres soll der Umsatz um 50 % angestiegen sein.

Falls du deine Ziele als zu ambitioniert erachtest, möchte ich dir noch einen Satz mit auf den Weg geben: Wir überschätzen oft, was wir an einem Tag leisten können und unterschätzen meist, was wir in einem Jahr leisten können.

10. Fachliche Scheuklappen

Als Freiberufler bist du Meister deines Fachs. Deine fachliche Qualifikation ist ein großes Qualitätsmerkmal und hilft beim Akquirieren neuer Aufträge. Es ist richtig und wichtig, dass du dich durch fachliche Weiterbildung via Tutorials und Seminare über aktuelle Trends auf dem Laufenden hältst. Beachte aber: Du bist in weiten Teilen auch Unternehmer. Versuche deine freiberufliche Tätigkeit nicht nur aus der Perspektive eines fachlichen Experten zu sehen. Als Freelancer hast du ein kleines Geschäftsmodell, welches eine globalere Sichtweise erfordert, um es erfolgreich umzusetzen. 

Du musst nicht unbedingt jeden Bilanzierungstrick im Rechnungswesen kennen, dafür gibt es ja Steuerberater (siehe Punkt 6). Es empfiehlt sich jedoch, zumindest alle ein oder zwei Monate ein Buch zur Hand zu nehmen, welches sich unternehmerischen Themen widmet. Das erweitert nicht nur den Horizont, oft helfen dir diese Kenntnisse auch dabei, Kunden besser zu verstehen.

Was sind deine Erfahrungen als Freiberufler? Schreibe in die Kommentare und teile deine Erfahrungen mit der Community.


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