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Interview mit Vasilena Petkova (freiberufliche Übersetzerin)

Vor einigen Tagen lernte ich Vasilena Petkova kennen. Sie ist freiberufliche Übersetzerin, Sprachcoach für Business-Deutsch und betreibt den Blog microbusinesshero.de. Dort publiziert Sie Interviews von Freiberuflern um Menschen für die Selbstständigkeit zu motivieren. Eine tolle Idee, wie ich finde. Auf ihrem Blog stellt Vasilena die Interviewfragen. In diesem Beitrag antwortet Vasilena auf meine Fragen. Viel Spaß beim lesen!

Du arbeitest auch freiberuflich. Welche Leistungen bietest du deinen Kunden? 

Ich bin Übersetzerin für die Sprachenkombination Deutsch-Bulgarisch und nehme gelegentlich auch Aufträge für Übersetzungen aus dem Englischen an. Darüber hinaus biete ich Business-Deutsch-Beratung in Auftritt und Sprache online über Skype an. Meine Zielgruppe sind bulgarische Geschäftsleute, die zum einen ihre Sprachkenntnisse auf ein professionelles Niveau heben möchten und zum anderen Insidertipps zur Geschäftskultur in Deutschland benötigen.

Worin liegen deine Stärken?

Vor allem in der Kommunikation mit anderen Menschen. Ich bin sprachgewandt und gleichzeitig eine gute Zuhörerin. Es fällt mir in der Regel leicht, Zugang zu anderen Menschen zu finden.

Du hast ein BWL Studium absolviert. Wie bist du dazu gekommen, freiberuflich als Übersetzerin und Sprachcoach zu arbeiten?

Rückblickend kann ich ein paar Meilensteine in meiner persönlichen Entwicklung identifizieren, die dazu geführt haben, dass ich heute selbständig bin. Ich bin in Bulgarien geboren und wurde gerade eingeschult, als die Wende kam. In den 90er Jahren herrschte im postsozialistischen Bulgarien große Aufbruchsstimmung. Viele Menschen haben damals nach dem Zusammenbruch der staatlichen Betriebe ein eigenes Unternehmen gegründet, um von der neu gewonnenen unternehmerischen Freiheit im Kapitalismus zu profitieren. Ich schätze, dass mich diese Let’s-do-it-Stimmung langfristig geprägt hat. Daher erschien mir damals auch das BWL-Studium als ein logischer Schritt, um mehr über das Konstrukt „Unternehmen“ zu erfahren.

Im Studium suchte ich mir mehr oder weniger bewusst Fächer aus, die etwas mit Unternehmensgründung zu tun haben, z. B. BWL jünger Unternehmen oder Innovationsmanagement. Dann nahm ich zusammen mit meiner besten Freundin an dem Wettbewerb „5 Euro Business“ teil. Es ging darum, ein Business mit nur fünf Euro Startkapital auf die Beine zu stellen, was uns dann auch tatsächlich gelang.

Das Studium lief gut und ich habe mir mit Mitte Zwanzig keine weiteren Gedanken gemacht, was ich eigentlich machen möchte, wenn ich „erwachsen“ bin. Meine Praktika und Werkstudenteneinsätze waren immer spannend. Ich hatte das Glück, an coolen Projekten mitarbeiten zu dürfen und erlebte das Gefühl, dass ich einen wichtigen Beitrag leisten kann. Irgendwann war das Studium jedoch zu Ende und ich suchte mir einen Festangestelltenjob.

Leider habe ich dann über die Jahre gemerkt, dass mich der Job auf Dauer nicht erfüllt. Am meisten vermisste ich selbstbestimmtes Arbeiten und Möglichkeiten, mich fachlich und persönlich weiterzuentwickeln. In meinem Kopf gehören diese beiden Aspekte zum Entrepreneurship dazu. Also kam ich immer wieder an den gleichen Punkt, dass ich über eine Selbständigkeit nachdachte. Ich konnte diese innere Stimme irgendwann einfach nicht mehr ignorieren.

Ich las viele Bücher zum Thema „Entrepreneurship“ und überlegte, wie ich meine Talente, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu einer Dienstleistung kombinieren kann, die ich auch ortsunabhängig erbringen kann. Im Jahr 2013 meldete ich dann eine Übersetzungstätigkeit als Nebenerwerb an. Nach einer dreimonatigen Auszeit auf Reisen Ende 2014 und Anfang 2015 habe ich endgültig den Entschluss gefasst, mich in Vollzeit selbständig zu machen.

Du betreibst den Blog microbusinesshero.de , auf dem du Interviews mit Gründern veröffentlichst. Was inspiriert dich an den Geschichten der Gründer am meisten?

Mich inspiriert vor allem die Tatsache, dass die Gründer ein erfolgreiches Business aus Leidenschaft in der Regel mit nur wenig Startkapital gestartet haben. Ich sammle Beispiele für solche Geschäftskonzepte und hoffe dadurch auch anderen Menschen ein Stückchen Angst vor der Selbständigkeit, welche eigentlich zum größten Teil als Angst vor dem finanziellen Ruin zu verstehen ist, zu nehmen. Wenn man eine Businessidee hat, an die man glaubt, dann lässt sich diese in der heutigen Welt des Internets auf die eine oder andere Weise umsetzen. Was aus meiner Sicht noch wichtiger ist als Kapital, sind Kreativität, Durchhaltevermögen und der feste Glaube an sich und an die Idee.

Darüber hinaus finde ich sehr motivierend die Tatsache, dass jeder mal „klein“ angefangen hat. Oft hört oder liest man von den Erfolgen von Unternehmern und erfährt so von ihren Geschichten erst, wenn sie Großes erreicht haben. Dabei entsteht der Eindruck der Unerreichbarkeit. „SIE“ können das, aber „ICH“ doch nicht. Daher ist es mir wichtig, in den Interviews auch nach den Anfängen zu fragen, um zu zeigen, dass „SIE“ auch irgendwann mal einen ersten Schritt gemacht haben und das ist es, was den Unterschied ausmacht.

Als Freiberufler bin ich ständig auf der Suche nach Büchern oder Blogs, die mich motivieren. Dein Blog steht inzwischen auch auf meiner Liste 🙂 Welche Blogs und Bücher motivieren dich?

Die vollständige Liste ist ziemlich lang. Aber ich versuche hier spontan die Bücher und Blogs zu nennen, die mich besonders berührt haben bzw. eine laufende Quelle der Inspiration sind:

Bücher:

  • „The Big Five for Live“, John Strelecky
  • „Das Cafe am Rande der Welt“, John Strelecky
  • „The $100 Startup: Fire Your Boss, Do What You Love and Work Better to Live More“ von Chris Guillebeau
  • „Escape From Cubicle Nation: From Corporate Prisoner to Thriving Entrepreneur“ von Pamela Slim
  • „The Suitcase Entrepreneur: Create freedom in business and adventure in life“ von Natalie Sisson
  • „Choose Yourself!“ von James Altucher
  • „Der Mönch, der seinen Ferrari verkaufte: Eine Parabel vom Glück“ von Robin S. Sharma
  • „Dienstags bei Morrie: Die Lehre eines Lebens“ von Mitch Albom
  • „Be A Digital Nomad. A Making It Anywhere Guide“ von Michelle Slade, Rob Dix
  • „Das große Los. Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr“ von Meike Winnemuth

Blogs, die ich inspirierend finde:

  • Pink Compass (www.pinkcompass.de)
  • Um 180 Grad (www.um180grad.de)
  • Wireless Life (www.wirelesslife.de)
  • zendepot (www.zendepot.de)
  • Planet Backpack (www.planetbackpack.de)
  • Bravebird (www.bravebird.de)
  • Screw the Cubicle (www.screwthecubicle.com)

Ich hatte bereits das Glück, meine Interviewfragen an Carina („Pink Compass“ und „Um 180 Grad“), Sebastian („Wireless Life“) und Holger („zendepot“) stellen zu können. Die Interviews sind auf meinem Blog zu finden. ☺

Welche Aspekte der freiberuflichen Tätigkeit sind für dich besonders spannend?

Was die Übersetzungstätigkeit betrifft, fasziniert mich die Unterschiedlichkeit der Projekte. An dem einen Tag habe ich einen White Paper zur Übersetzung und am nächsten sitze ich an der Story eines Brettspiels. Dabei kann ich immer Neues lernen – etwas was mir besonders in der Festanstellung fehlte. Beim Business-Deutsch reizt mich die Herausforderung mit unterschiedlichen Menschentypen zusammen zu arbeiten. Gerade wenn es um das Erlernen der Sprache geht, hat jeder einen anderen Zugang dazu. Ich muss mir überlegen, wie ich die Inhalte so aufbereite, dass mein Kunde die relevanten Informationen bekommt, effektiv behält, aber auch langfristig Spaß an der Auseinandersetzung mit der Sprache hat. Ich kann dabei meine Kreativität entfalten.

Und nicht zuletzt finde ich es spannend, dass man immer wieder gezwungen ist, über den eigenen Schatten zu springen, wenn man vorankommen will.

Als Freiberufler arbeite ich oft an meinen langfristigen Zielen. Wie ist das bei dir? Wo siehst du dich in 5 Jahren?

Du sprichst einen sehr wichtigen Punkt an. Um Erfolg zu haben, ist es notwendig sich konkrete Ziele für die Selbständigkeit zu setzen. Ich gebe zu, dass ich in dieser Hinsicht etwas Nachholbedarf habe. Zwar sehe ich meine großen Träume vor meinem inneren Auge, aber manchmal fehlt mir der Elan mich hinzusetzen und die einzelnen Schritte für deren Erreichung aufzuschreiben. Aber das große Ganze sieht so aus: In fünf Jahren bin ich DIE Expertin für Business-Deutsch und deutsche (Business-) Kultur. Ich habe ein ortsunabhängiges Business, was zum größten Teil ohne mein Zutun läuft. Ich habe die Freiheit und die Zeit, an Projekten zu arbeiten, mit welchen ich nicht unbedingt Geld verdienen muss. Und ich habe endlich mein Fernstudium der Psychologie an der Fernuni in Hagen abgeschlossen.

In welchen Momenten fühlst du, dass du mit deiner freiberuflichen Tätigkeit  den richtigen Weg beschritten hast?

Jeden Tag, wenn ich voller Elan zu meinem Schreibtisch schreite. Sonntagabends, wenn ich merke, dass es mir gar nichts ausmacht, dass der Montag ansteht. Wenn ich mittags spontan mit einer Freundin essen gehen kann. Wenn ich merke, dass das, was ich gerne tue, für andere einen Mehrwert bringt.

Was sind für dich die größten Risiken einer freiberuflichen Tätigkeit?

Nun die freiberufliche Tätigkeit steht und fällt mit der Person des Freiberuflers. Das größte Risiko sehe ich in einer Krankheit, die dazu führt, dass man die freiberufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben kann. Man kann sich gegen dieses Risiko zwar absichern, aber für mich stellt das Szenario, krank zu sein, den absoluten Worst Case dar. Daher versuche ich das Risiko zusätzlich zu minimieren, indem ich auf meine Ernährung achte, mehr Sport treibe (was im Sommer besser klappt als im Winter) und für mein spirituelles Wohlbefinden sorge, indem ich z. B. möglichst viel Zeit mit meinen Liebsten verbringe, Beziehungen pflege und versuche mich ständig weiterzuentwickeln.

Wirtschaftliche Risiken sind natürlich auch nicht zu vernachlässigen. Man sollte sich als Freiberufler überlegen, wie man auftragsschwache Zeiten übersteht. Zudem ist es aus meiner Sicht noch wichtig, sich gegen Risiken zu versichern, die aus der freiberuflichen Tätigkeit an sich resultieren können.

Gibt es Personen, die eine große Vorbildfunktion in deinem Leben haben? Wenn ja, welche?

Ja, es gibt solche Personen. Das sind Menschen, an die ich immer wieder denke, wenn ich eine Entscheidung treffen muss oder wenn ich bestimmte Verhaltensweisen zeige. Hier sind zwei Beispiele. Während des Studiums habe ich bei einer Familie mit vier Kindern gebabysittet. Die Mutter kümmerte sich in der Woche Vollzeit um die Kinder und betrieb dennoch nebenbei noch einen Online-Shop von zu Hause aus. Das war beeindruckend. Meine Mutter ist ebenfalls ein Vorbild für mich. Sie ist seit Jahren erfolgreiche Übersetzerin von Büchern und technischen Fachtexten. Sie hat es schon immer geschafft, schwierige Lebenssituationen durch ihre Willenskraft und „Stehaufmännchen“-Mentalität zu meistern. Ich schätze, ich habe ihr Bestreben nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung geerbt.


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